Wie nur ein Wort Ihre Autorität untergraben und Maßnahmen boykottieren kann.

Wie nur ein Wort Ihre Autorität untergraben und Maßnahmen boykottieren kann.

Am Freitag verließ ich das Büro und warf einen letzten Blick auf den Beistelltisch. "Den müsste man mal aufräumen" ging es mir durch den Kopf. Meine Kollegin fragte, was mir gerade durch den Kopf ging, weil ich so ernst dreinschaute und dabei die Stirn runzelte. Ich sagte es ihr und sie fing schallend an zu lachen. "Jetzt ist es dir auch passiert, kannst mal sehen. Keiner ist vor diesen Wörtern sicher!" Dann fiel es mir selbst auf. Das "man" hat sich eingeschlichen

Den Satz mit den Wörtern "... man müsste!" hören wir in fast jeder Sparringssitzung. Gerade wenn es um Themen geht, die Mitarbeiter und bestimmte Arbeiten betrifft. "Die müssten doch wissen, was zu tun ist. Man muss doch einfach nur... (z. B. das Lager aufräumen; dem Kunden oder Lieferanten auch einmal nein sagen; den Anrufbeantworter pünktlich ausschalten usw.). Eine andere gängige Formulierung lautet: "Kollegen, einer müsste sich mal um... (die Ordnung; die Pünktlichkeit; die Kalkulation usw.) kümmern.
Untersucht man die Situation und die Aussage, die das "MAN" enthält, kommt man schnell zu dem Ergebnis, dass sie keine Wirkung im Sinne einer anschließenden Handlung hat. Außer der Chef nimmt das Anliegen selbst in die Hand.

Wir analysieren in 4 Schritten "Man müsste...!", warum das so ist und schlagen eine Alternative vor. Mündliche Kommunikation funktioniert auf unterschiedlichen Ebenen. Schultz von Thun hat dazu ein hilfreiches 4-Ohren-Modell entwickelt, das viele noch aus der Meisterschule kennen. Die zwei Beteiligten sind der Sender (der Chef der sagt ... man sollte mal) und der Empfänger (die Mitarbeiter, die hören).

Der Sender übermittelt auf vier Ebenen, und der Empfänger nimmt die Botschaft ebenfalls auf diesen vier Ebenen wahr. Nur wenn beide auf der gleichen Ebene kommunizieren und zuhören, wird es zu den gewünschten Resultaten führen. Die Ebenen sind:
  1. Die Ebene des Appells (Einflussnahme). 
    Der Appell ist die Aufforderung oder der Wunsch, den der Sender der Nachricht an den Empfänger richtet und ihn zu einer bestimmten Handlung oder Reaktion bewegen will.Diese Art setzt voraus, dass einer der Empfänger sein Appelohr eingeschaltet hat und ihn als solchen wahrnimmt. Wenn nicht, verpufft der Satz ins Leere. Je öfter Menschen ihn hören, desto weniger nehmen sie den Absender ernst.
     
  2. Die Ebene der Beziehung (Beziehungsebene). 
    Der Beziehungshinweis signalisiert, dass der Chef mit etwas unzufrieden ist und teilt diese Unzufriedenheit mit den Mitarbeitenden. Er hofft auf die Hilfsbereitschaft oder Freundlichkeit, die für mehr Chef-Wohlgefühl sorgt. Das mag funktionieren, wenn z. B. dem Chef eine Person direkt zuarbeitet, ein Assistent oder eine Assistentin. Nicht aber, wenn dieser Hinweis an ein Team gerichtet wird und es um zusätzliche oder unangenehme Arbeiten geht.

  3. Die Ebene der Sachkundgabe (Sachinhalt). 
    Sie sorgt dafür, dass grundlegende Informationen über den Sachverhalt übermittelt werden. Der Empfänger braucht sie, um zu verstehen, worum es geht. Die Botschaft: "... mal aufräumen!" ist ungenau und führt meist nur zu einer Bestätigung. Fakt ist jedoch, dass in diesem Moment sowohl Sender als auch Empfänger unterschiedliche Bilder im Kopf und Vorstellungen von dem haben, was zu tun ist.

  4. Die Ebene der Selbstkundgabe (Selbstoffenbarung).
    Sie gibt Einblicke in das Innen- oder manchmal auch Seelenleben des Chefs, auch wenn sie nicht deutlich formuliert werden. Dass die Unordnung seinen Werten widerspricht oder er sich überlastet fühlt und nicht die Kraft hat, sich selbst zu kümmern, muss vom Empfängerohr dechiffriert, also aus den Worten entschlüsselt werden. Diese Erwartung ist nachvollziehbar, aber unrealistisch.
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